Es gilt die weit verbreitete Meinung, dass Pflanzen wie Ayahausca nur im Urwald und bei den dortigen Schamanen eingenommen werden sollte oder sogar nur dort eingenommen werden darf, oder dass nur dort, wo die Pflanze herkommt wirkliche Heilung erlangt werden kann.
Auf einer meiner Reisen in Süd- und Zentralamerika hat mich mein Weg ganz unverhofft zu der Pflanze geführt und obwohl ich mich aufgrund grosser Angst zuerst auf keinen Fall darauf einlassen wollte, entstand eine Liebes-Beziehung, die wächst und gedeiht, wenn auch nicht ohne Pausen und Turbulenzen – so wie in allen Beziehungen
Ich habe am Fusse der Anden, in der Wüste Mexicos, in riesigen, wilden Städten, in Südamerika, wie auch in Europa, in grossen Kreisen und alleine, in Wohnungen, in Seminarräumen und in der Natur meine Erfahrungen gesammelt.
Und was sich mir gezeigt hat: Egal wie und wo, man ist immer mit sich selbst und das ist der Ort, wo die Erfahrung mit der Pflanze gemacht werden sollte und automatisch immer gemacht wird. Man schliesst die Augen und der Raum löst sich auf. Man geht tief in sich selbst und das unabhängig des Ortes, an dem man sich physisch befindet.
Gut zubereitetes, „sauberes“ – sprich frei von Dogmen, frei von Ängsten des Schamanen, der die Medizin zubereitet, frei von Aberglaube – „freies Ayahuasca“ ist nicht abhängig von Ort und Zeit und lehrt dich, dass alle Grenzen, Raum und Zeit an sich Illusionen sind.
Einzig wichtig ist, dass man sich wohl fühlt, an dem Ort und mit der Person, am Tag der Einnahme und dass die Medizin frei von Angst und Dogmen zubereitet wurde. Sodass der Mind sich entspannen und man selbst sich in Vertrauen in die Person, Situation und in die Medizin fallenlassen kann.
Ich habe Mexico in meinem Herzen gefunden, Peru in meinem Bauch, für immer verbunden. Und ich liebe es zu reisen und vielleicht und hoffentlich wird mich mein Weg wieder einmal in die Anden führen oder an die Strände Mexicos, aber nicht weil ich dort finde, was ich nicht auch hier habe, sondern weil ich es liebe unterwegs zu sein, zu reisen, zu sehen, zu fühlen und mit dem Abstand kann das, was man hier hat, wieder neu gesehen und nach der Rückkehr anders betrachtet werden.
Es ist schön und für einige sogar wichtig zu suchen, zu reisen und an verschiedenen Orten die unterschiedlichsten Erfahrungen zu sammeln, aber nicht mit der Absolutheit, dass nur dort, weit entfernt, gefunden werden kann, was man nicht auch hier hat.
Es ist wunderschön den Vollmond über den Anden zu betrachten, wenn man eine Medizinsession macht, die Wüste von Mexico hat mir ihre Schönheit offenbart und Cancuns Strände haben mich zum Schwimmen eingeladen. Aber; wie mein peruanischer Schamanen-Freund zu sagen pflegt: Wenn du die Schönheit in deinem Inneren nicht fühlen kannst, ist die Schönheit im Aussen nichts wert. Es gibt nichts zu sehen, nichts zu suchen, da draussen, habe ich mir selbst in Indien immer wieder selbst gesagt und meine Reise (auch) dazu genutzt tiefer in mich selbst zu sinken, um die eigene Schönheit und Dunkelheit zu erforschen.
Ob die Heilpflanze nur in Peru, im Amazonas, bei den Schamanen eingenommen werden darf? Gut zubereitetes, „freies“ Ayahuasca kann überall eingenommen werden. Und ganz oft passiert tiefe Heilung nicht in fernen Ländern, sondern hier und da, wo man verwurzelt, aufgewachsen ist – hier, wo man sich mit Familie und Freunden und mit den tagtäglichen kleinen und grossen Herausforderungen herumschlägt und nicht dort-dort, wo man sich in räumlicher Distanz zu all dem hier, dem „alltäglichen Leben“ befindet.
Auch dort, aber nicht nur. Absolutheit steht auf den Fahnen des Verstandes geschrieben, der ausschliesst und trennt; ja oder nein – so und so nicht!
Schlussendlich braucht es weder einen Vollmond in Mexico, noch einen Schamanen, keine grosse Zeremonie, weder Trommel, Gesang oder Feder – obwohl dies alles sein darf und schön ist – braucht es in erster Linie nur uns selbst und die ehrliche Bereitschaft uns auf uns selbst einzulassen, mit allem, was sich uns zeigen mag.
Alles ist immer möglich und gut, so wie die Erfahrungen gemacht werden. Hier oder da, mit oder ohne Pflanzen, alleine oder im Kreis von Mitmenschen, die wie wir selbst, alle ihren ureigenen Weg gehen.