Manchmal verschliessen wir uns. Weil es zu viel ist. Alles. Das kann man auf vielerlei Arten machen. Arbeiten. Alkohol. Sport. Rückzug. Schweigen. Oder ganz viel kommunizieren. Man kann sich auch auf dem spirituellen Weg aus dem „Staub machen“. Sich alles schön reden, oder hinter Konzepten (den Schmerz) nicht fühlen.
Alles ist so, wie es sein soll, sagt man dann. Alles passiert aus einem Grund. Alles ist gut. Ohne es zu fühlen, körperlich zu spüren, spulen wir Sätze ab, fliehen wir, weg aus dem Leben in eine Wolke. Alkohol oder spirituelle Konzepte. Sex oder selbstgewählte Einsamkeit. Meditation.
Ich war in den Bergen und kam gestern zurück. Ich habe meine Tante besucht. Sie hatte ein wildes, buntes Leben. Aber auch Alkohol zeichnete ihren Weg. Und nun Rückenschmerzen, die sie kaum bewegen lassen. Es ist einfach scheisse, sagte sie. Ja, antwortete ich.
Ich habe mit „psychisch Kranken“ gearbeitet, in der Kunsttherapie. Wie geht es dir?, fragte ich eine Patientin. Ich fühle mich wie unter einer nassen Wolldecke, die mich erdrückt und kaum atmen lässt. Ich schätzte diese Direktheit. Das Rohe, Ehrliche. Auch wenn Ehrlichkeit manchmal schmerzt. Dich und mich.
Manchmal kommen Menschen zu Sessions. Und es kostet Zeit bis ich etwas erahnen kann, durch die Schichten von Schutz und Selbst-Verleugnung und Flucht und (spiritueller) Schönrederei. Manchmal finde ich mich selbst kaum hinter meinen Mauern und Schleiern und Worten.
Manchmal fühlen wir (uns) nicht. Weil es uns zu viel ist. Der Schmerz der Welt. Weil wir Angst haben, es nicht zu überleben, wenn wir fühlen würden. Wirklich tief.
Das Leben ist alles. Menschen werden geboren. Menschen sterben. Im Krieg oder selbstgewählt. Beziehungen brechen auseinander. Kinder kommen nicht zur Welt. Das Leben ist wild, roh und auch schmerzhaft. Nicht nur. Gewiss. Und ich rede nicht davon, sich im Schmerz zu suhlen. Sich in Stories zu verfangen. Ich weiss was es heisst im Schmerz gefangen zu sein und nicht herauszufinden. Keine Lücke, die Pausen nicht wahrzunehmen und das, was trägt.
Ich rede heute davon, sich zu verstecken. Sich nicht zu zeigen. Zu flüchten. Nicht zu fühlen. Und sich selbst nicht fühlbar zu machen.
Und dann, manchmal, bricht etwas auf. Zeigt sich unterdrückter Schmerz, Wut, Trauer. Das Leben ist manchmal verdammt ungerecht, meinte eine Frau in einer Session, nachdem sie zu Beginn gemeint hat, alles ist gut. Eigentlich ist es ein Frust, nichts geht momentan voran. Meine Mutter weinte in einer Pflanzenmedizin-Session bei mir. Ich muss einfach weinen, sagte sie. Nachdem sie sich ihre Tränen jahrelang heruntergeschluckt hatte. Stark war. Für sich selbst und für die Familie.
Heut weine ich. Für mich und für meine Verluste und für alle, für die es zu gefährlich, zu viel scheint, zu weinen und zu fühlen. Das Leben ist wild. Es ist bunt und schön und auch schmerzhaft.
Und heute weine ich für uns.
Moonday zum Vollmond am 09.März, 19.00 Uhr zum Thema „Den Körper bewohnen“. Ein Abend mit Yoga, Atmen, Austausch, Stille und Cacao.
Infos und Anmeldungen unter lbianchi000@gmail.com oder 076 393 93 28.