So manches bleibt versteckt in einem Menschenleben, verwahrt; tief im Verborgenen sammeln sich Geheimnisse, unausgesprochen und gut kaschiert hinter Make-up und antrainierten Floskeln, ja auch hinter Affirmationen; es geht mir gut.
Statisten, morgens im Tram; eine Trauer hinter blankweissen Zähnen, die Verzweiflung in grell-lautem Lachen.
Ein junger Mann nimmt sich das Leben, eine alte Frau stirbt alleine in ihrer Wohnung.
Alle beide haben sie Geheimnisse bewahrt, es sich für sich behalten, oder kein Gehör gefunden, für das elementar Wichtige, keinen Platz gehabt für das Dunkle und Zerbrechliche, für das, was auf der Seele lastet, Tag für Nacht.
Control yourself, meint ein Freund, dann wenn ich zu emotional bin – oder einfach emotional, in einer harten, blitzblanken Welt, deren Fassade bröckelt, immer mehr.
Zeig dich!, antworte ich; schmink dir deine Fassaden aus dem Gesicht, erspare mir dein falsches Lächeln und die gut gemeinten Ratschläge, wie man irgendetwas umgehen könnte.
Zeig dich; verschaffe dir Gehör und einen Kreis von Gleichgesinnten, such dir deinen Stamm von Menschen, die dich echt wollen und lieb haben; hol dir Hilfe, atme ein und aus und dann sprich von dem, was dich umtreibt, nachts in schlaflosen Nächten und dann, wenn du sagst; alles ist gut.
Alles ist gut, tatsächlich immer. Und trotzdem sind da diese dunklen Flecken, Schattentänze durchwandern die Möglichkeit von Freiheit – in jedem noch so perfekten Leben.
Deshalb zeige dich, atme ein und aus und sprich von dem, was du versteckst und hütest, gib dir die Chance frei zu werden, frei du zu sein und zu leben.
Denn das ist, was wir alle wollen: leben.
Bild: 10-Minuten-Proträt „Ich als 19-jährige“
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