(Ein Auszug aus einem Text vom 8.3.2019)
Lange habe ich nicht gewusst, was mein Frausein für mich bedeutet. (Und ich schreibe absichtlich mein Frausein, weil ich selbstverständlich immer mit meinem ganz persönlichen Erfahrungshintergrund schreibe.)
Früher habe ich mich oft unwohl gefühlt im Beisein anderer Menschen, vor allem auch in der Begegnung mit anderen Frauen. Der Blick des Mannes hat meinen eigenen Blick gebrochen, getrübt, ich habe andere Frauen und mich selbst mit diesem oft „männlichen Blick“ betrachtet: Wie sieht sie aus? Wie sehe ich aus? Ein Vergleichen, das mich müde und verwirrt und immer mit einem Unwohlsein behaftet hat.
Ich habe ihn immer noch manchmal, diesen wertenden Blick, aber ich bin mir dessen bewusster und ich lerne darüber zu lachen und ihn mehr und mehr abzustreifen. Heute mag ich das Zusammensein mit Menschen und ich geniesse die Begegnungen mit Frauen. Ich mag Frauen, weil sie meinem Wesen näher sind. Und wir tragen die gleiche Geschichte, die Geschichte der Frau in uns.
In einer Reise mit der Meisterpflanze habe ich diese „Geschichte“, die wir alleine dadurch als Frau geboren zu sein in uns tragen, gesehen-gefühlt. Da gab und gibt es so viel Missbrauch, Unterdrückung und Abhängigkeit der Frau, überall auf der Welt, manchmal mehr oder weniger, je nach Kultur, Religion oder Land und persönlichem Umfeld. Aber jede Frau nimmt Anteil am Schicksal aller Frauen durch ihr Frausein, sowie der Mann in das „Feld“ des Mannes geboren wird und daran teilhat. Darüber hinaus sind wir Menschen, aber doch auch immer gleichzeitig Mann oder Frau.
Da ist immer noch viel vorhanden von dieser Energie der Unterdrückung, der Anpassung, der Abhängigkeit der Frauen, ich habe diese Energie tief lastend auf und in mir wahrgenommen und um Befreiung gebeten, um meine Freiheit und um die Freiheit aller Frauen – und auch um die Freiheit der Männer selbstverständlich. Aber es ging in dieser Reise um mein Frausein und um das Frausein aller Frauen. Und ich bin eine Frau. Dessen werde ich mir immer mehr bewusst.
Ich werde mir der Abhängigkeiten und Übergriffe bewusst, deren auch ich mich ausgesetzt fühle und die ich oft freiwillig gewählt habe, weil ich es so geerbt, gelernt, angenommen und akzeptiert habe, als Teil meines Frauseins. Jetzt befreie ich mich. Immer mehr. Es ist ein langer Weg. Alles sitzt so tief, ist so verwoben mit der Geschichte meiner Mutter, Grossmutter, meiner Ahninnen – mit der Geschichte aller Frauen. Aber es wird leichter und ich selbst freier.
Ob ich eine Feministin bin, hat mich vor einiger Zeit jemand gefragt. Ich weiss nicht, was eine Feministin ist, wie der Begriff definiert werden soll, ehrlich gesagt. Ich mag diese unter-teilenden und ur-teilenden Begriffe nicht gerne. Du bist so und dies und das und der andere ist anders. Ich mochte mich auch nie wirklich mit politischen Themen befassen. Und ich kämpfe nicht gerne, also wenn Kampf etwas mühsam erkämpfen bedeutet, wenn etwas verbissen erzwungen werden muss und man sich dabei fast selbst aufgibt, dann kämpfe ich nicht gerne.
Osho schreibt, dass die emanzipierte Frau oft Gleichheit anstrebt, aber Mann und Frau verschieden sind. Gleichwertig, aber nicht gleich. Er beschreibt wie viele Frauen im Kampf um Gleichberechtigung ihre Weiblichkeit, ihre „weiblichen Wesenszüge“ verlieren.
Ich will nicht kämpfen und hart und verbissen werden, ich will nicht stark sein müssen. Ich habe mich lange Zeit von meinem Frausein entfernt, ich bin in den Verstand geflüchtet, habe mich verschlossen, bin hart und leblos geworden, gegen aussen hin stark, ehrgeizig und erfolgreich in Schule und Beruf, aber hart und verschlossen gegen mich selbst und gegen die Welt. Jetzt will ich weit-weich-offen werden. Das ist eine Qualität, die mein Frausein für mich birgt. Empfänglich und offen werden, ohne passiv zu sein, ich will meine Gabe zu fühlen zurück gewinnen, eins sein mit der Natur, mit den Bäumen und Pflanzen, mit dir und mir.
Ich behaupte, viele Männer, aber auch Frauen habe Angst vor dem Weiblichen, im aussen und in sich selbst. Vor dieser sanften Kraft. Vor der Möglichkeit Leben zu schenken, zu nähren und zu umsorgen. Vor der Tiefe und Emotionalität, vor dem Zyklischen und nie Gleichbleibenden. Vor der Weichheit und vor der Verletzlichkeit. Vor der Gabe weit zu blicken und mitzufühlen, da wo das Gegenüber selbst nicht hinfühlen mag.
Ich habe manchmal Angst vor dir, meinte mein Ex-Freund. Schlussendlich haben wir immer Angst vor uns selbst, vor diesem unbekannten, unerforschten Anteilen in uns, die sich uns nicht mit dem Verstand, aber mit einem offenen Herzen und in der Bedingungslosigkeit offenbaren. Dann wenn wir bereit sind.