In Beziehung sein

Ich glaube, dass wir oftmals das Alleinsein wählen, weil wir Angst vor dem Alleinsein haben. Selbstgewählt ist es sicherer. Wenn wir die Menschen von uns stossen, können wir selbst nicht abgewiesen werden. Wir bleiben in einer Beziehung aus Angst vor dem Alleinsein. Ich glaube, viele Menschen tragen in sich ein Wirrwarr an verknoteten Gefühlen und Sehnsüchten, es herrscht ein heilloses Durcheinander. Auch und vor allem dann, wenn es um Beziehung geht, zu unseren Mitmenschen und immer zu uns selbst.

Vorgestern war ich tanzen. Irgendwann einmal habe ich mich hingesetzt und die Menschen angeschaut. Plötzlich habe mich getrennt gefühlt von allen und von mir selbst und ich sehe es in so vielen Augen, überall auf der Welt, wo ich schon war, in jedem Gespräch, in jeder Berührung: Dieser Schmerz der Trennung und die Sehnsucht nach Verbundenheit, nach tiefer Verbindung mit uns selbst, mit dem Gegenüber, mit dem Leben.

Die Erbsünde, als wir uns von Gott (von uns selbst) trennten und (scheinbar) von allem, das uns umgibt.

Der Wunsch nach Liebe ist überall zu spüren, jenseits von Religion und (persönlicher) Geschichte, so alt wie das Menschsein selbst, versteckt es sich in jeder Begegnung, in jeder scheinbar noch so zufälligen Berührung.

So viele Menschen leben in einer Beziehung. Und so viele sind sich trotzdem nicht nah. Sich selbst nicht und auch dem Gegenüber nicht wirklich. Was für eine Behauptung! Aber eine Beziehung zu haben, bedeutet nicht automatisch in Beziehung zu sein.

Viele wünschen sich eine Beziehung; haben, besitzen, Sicherheit, ein Ja für immer, für ewig, mein. Während in Beziehung sein bedeutet, sich immer wieder neu zu begegnen, offen-ehrlich, verletzlich-tief. Alleine und gemeinsam immer wieder zu erforschen, wie sich das Beisammen-sein anfühlt, was an Ängsten auftaucht, sich langsam-sanft anzunähern, sich selbst und dem anderen nahe zu kommen, alles offen zu legen, was immer wieder trennend ist, intim zu sein, jenseits rein körperlicher Nähe.

Es ist ein unbekannter Weg der Wahrheit, eine (spirituelle) Suche, vorangetrieben vom Wunsch sich selbst und dem Gegenüber wahrhaftig zu begegnen, kompromisslos tief und dabei gewillt zu sein, alles zu verlieren, immer wieder.

Aber ich weiss es nicht. Ich habe absolut keine Ahnung. Ich glaube, es ist ein noch nicht tief erforschter Aspekt der menschlichen Natur. Wir haben lange einfach gelebt. Gearbeitet, geschlafen, uns fortgepflanzt. Wir hatten Beziehungen, ganz einfach, weil wir nicht alleine sein wollten/konnten. Weil es dazu gehörte, zum Leben. Aber das Altbekannte wandelt sich stetig-sanft und wir sind dazu eingeladen, zu erforschen, neu zu sehen, zu erfühlen und zu erfahren, uns selbst, die anderen – das Leben.

In Beziehung sein fängt bei sich selbst an und geht doch darüber hinaus. Durch ein Gegenüber haben wir die Chance uns selbst zu fühlen, das wahrzunehmen, was uns trennt, von uns selbst und von der Welt.

Und jedes in Beziehung sein beginnt immer mit Ehrlichkeit. Red keinen Blumenkohl, sag was du fühlst, habe ich gelesen. Simpel. Und doch so schwierig. Aus Angst vor ehrlicher Begegnung spielen wir lieber. Wir erzählen Geschichten. Verknoten unsere Gefühle, verpacken sie in Anspielungen, nähern uns an, ohne uns nahe zu kommen. Denn Nähe und Verbindung kann vielleicht nur dann geschehen, wenn wir ehrlich sind, mit dem, was wir fühlen, wollen, sehnen, ängstigen. Alles offenlegen und uns nackt ausziehen, bevor wir uns die Kleider vom Leib reissen (oder auch danach, da gibt es keine Regeln ) – aber erst dann, wenn wir gewillt sind uns zu zeigen, wie wir sind, kann Beziehung entstehen – und auch vergehen.

Aber aus Angst davor spielen wir lieber, reden Blumenkohl, verknüpfen und verstricken uns, haben Beziehungen, ohne je wirklich in Beziehung zu sein – weder mit uns selbst, noch mit anderen.

Obwohl wir alle diese Sehnsucht in uns tragen. Die Sehnsucht über die eigenen Grenzen hinaus, uns mit der Welt zu verbinden.

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Meine letzte Reise hat mich in Indien zu Maa Gyaan Suveera geführt, die mich in die Welt des Tarot eingeweiht hat. Jede Karte kann unterschiedliche Bedeutung/en annehmen, je nach Situation oder Nachbarkarte. Die heute gezogene Karte „Die Liebenden“ hat mir oben publizierten Text geflüstert.
Anfragen zu Tarot Readings per PN oder unter lbianchi000@gmail.com

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