Ich sitze in einem kleinen Haus in den Bergen im Graubünden. Der Schaukelstuhl schaukelt und ich starre ins Feuer, das sich bewegt, erglühlt, Holzscheit um Holzscheit verschlingt und dann vergeht. Übrig bleibt wohlige Wärme.
Ruhe kehrt ein.
Und trotzdem, wie ein unliebsamer Gast macht sich diese eine Energie bemerkbar, die ich nur zu gut kenne. Ein Zerren, und Reissen, eine unruhige Bewegung im Körper und im Gemüt.
Das Wollen. Feurig rot zieht es an mir, immer nach vorne, fort von mir selbst.
Hier in den Bergen, isoliert vom Grosstadtgewimmel lässt sie sich klarer erkennen, diese Energie, ich fühle sie in ihrer Kraft, in ihrer Unruhe, in ihrer Zerrissenheit und auch in ihrer Schönheit, die jede Energie, jedes Gefühl in sich trägt.
Ich muss ein wenig lachen – denn hier scheint sie fast ein bisschen verloren, hat weniger Möglichkeiten Fuss zu fassen und sich auszubreiten, Raum einzunehmen. Ich lese ein paar Seiten, ich koche, tanze, esse – und setzte mich wieder hin.
Nothing to do.
In Zürich herrscht jetzt reges Treiben, denke ich mir.
Und in diesem Treiben treiben wir mit, wie in einem Fluss, der uns mitreisst und zerreisst, wir rennen und denken, erledigen, reden und – wollen. Wir wollen meistens viel zu viel. Zu viel von allem und alles bitte anders als es jetzt gerade ist.
Unser Wollen reisst uns weg vom jetzigen Moment, von uns selbst, vom Leben, es katapultiert in die Zukunft, die wir anders haben wollen als die Vergangenheit und nicht so, wie die Gegenwart, diese kleine, feine Öffnung, die „entsteht“, dann wenn wir atmen, ein und aus.
Was wünschst du dir für das neue Jahr?, frage ich mich und dich.
Ganz, ganz vieles, antwortet es schnell. Und danach: gerne ein bisschen weniger. Ein bisschen weniger Wollen, wünschte ich mir und uns.
Der (spirituelle) Markt boomt, die Versprechen dies und das zu heilen und alles zu manifestieren, was wir uns vorstellen können, wachsen, wuchern, überrennen uns.
Er zerrt an uns, dieser Wunsch nach dem anderen.
Und es ist ein guter Wunsch. Der aber vielleicht nur „passieren“ kann, wenn wir weniger wollen und nah, ganz nah zu uns selbst rücken, in uns selbst und in den jetzigen Moment rutschen, mit all seinen Unnanehmlichkeiten und Schönheiten und von diesem Ort der Stille uns dem Leben öffnen, das uns trägt, dorthin, wo wir zu Hause sind – dahin wo wir immer schon hinwollten.