Häute

Was bist du bereit zu geben, herzugeben, wirklich loszulassen?, fragt mich Indien immer wieder.

Und wenn ich mutig antworte: Alles, alles will ich geben können; ja, dann werde ich auf die Probe gestellt und wenn ich loslassen soll, dann klammere ich mich daran: Nein! Das doch nicht. Bitte nicht, weine ich, um im nächsten Augenblick abermals zu flehen: Ich bin jetzt doch bereit.

Es ist eine Sache Haus und Job aufzugeben, Dinge fortzuwerfen. Mit wenig(er) zu leben.

Aber dann gibt es da auch noch die Glaubenssätze, verstaubt und alt und manchmal vergessen. Aber immer noch sind sie da und melden sich hier und da aus den Tiefen des Unterbewusstseins. Und es gibt diese Vorstellungen von uns selbst: Ich bin so und so nicht. Unsere kühnsten Wünsche und Erwartungen bewohnen uns: Das will ich! Unser Glaube an dies und jenes. Manchmal an uns selbst, oft an Theorien, an schöne, weise Worte und nicht selten an andere Menschen, die uns sagen und sagten, dass …

Was sind wir bereit loszulassen?

Ja, diese Frage stelle ich mir immer wieder mal, hier in Indien, wo einem alles um die Ohren fliegt und durcheinander gewirbelt – oder wie eine Freundin es ausgedrückt hat: einem die Haut abgezogen wird.

Wir haben so viele Häute, die wir abziehen könnten, um leichter zu werden, freier zu leben, weniger nach Vorstellungen und Konzepten, dafür einfacher, so wie es ist, heute und morgen dann wieder anders; konzeptlos, frei und spontan.

Warum macht uns das solche Angst?

Vielleicht weil wir so viele Häute haben; Masken, Rollen, Glaubenssätze, Vorstellungen und Wünsche und Pläne, die uns die Luft zum Atmen nehmen, aber gleichzeitig Sicherheit versprechen: Ich bin halt so und so nicht.

Wer ist wie und wer bin ich?

Ich habe keine Ahnung, aber ich erforsche weiter.

 

häute

Text: Pondicherry, Indien / April 2018
Bild: Chennai, Indien / April 2018
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