„Ego-Yoga“ 

Ego-Yoga!, pflegte mein peruanischer Freund zu sagen, wenn ich in Mexico meine Yogaübungen gemacht habe und erst vor ein paar Tagen habe ich einen Bericht gesehen mit der Überschrift: Yoga stärkt das Ego. Ich habe ihn nicht gelesen, aber in diesen Tagen habe ich wieder daran denken müssen.

Ich gehe seit einem Monat zu einem berühmten Swami hier in Indien in`s Yoga. „Push more!“, pflegt er zu rufen. „Don`t be lazy!“

Was soll ich sagen; ein Teil in mir liebt seine Stunden. Ich kann – endlich – alleine den Kopfstand, werde beweglicher und ich glaube auch mein Bauch ist straffer geworden (ich habe keinen Beweis dafür, weil es in meinem Zimmer keinen entsprechenden Spiegel gibt 🙂.

Aber trotzdem … spüre ich mehr und mehr diese leise aber doch bestimmte Stimme in mir, die zu mehr Sanftheit und Ruhe mahnt.

„Push more“, sagen wir viel zu oft zu uns selbst, unsere Väter und Lehrer wiederholten diese stille Aufforderung, die wir irgendwie (alle) verinnerlicht zu haben scheinen. Im Arbeitsalltag, aber auch in allen anderen Lebensbereichen – und auch im Yoga – ist sie zu finden.

Push more, mach mehr, geh weiter, streng dich an, gib dich nicht zufrieden, mit dem, was ist!

Yoga bedeutet „union“. Diese Verbindung mit dir selbst, mit dem, was gerade da ist. Ein achtsames Hinhören und Einfühlen in den Körper, ein Beobachten von allem, was an Empfindungen und Gefühlen, an Gedachtem da ist. Ein Stärken des Körpers, Dehnen und ja, tiefer gehen, aber … dieses auf Biegen und Brechen den Körper zu pushen, das scheint mir mehr und mehr eine strenge Disziplin, meist von männlichen Yogis gelehrt und praktiziert, basierend auf dem Glauben, dass „der Weg“ hart und lang ist und ihn nur die, die sich wirklich pushen und alle Grenzen überschreiten, gehen können.

Leg dich hin, ruft es stattdessen in mir. Mütterlich sanft, weiblich-rund. Fühl dich. Hör auf dich. Push dich, wenn du die Kraft und den Ruf fühlst und erhol dich, dann wenn es Zeit dafür ist. Atme. Ein und aus. Sei langsam und auch mal träge. Gib nach. Das heisst nicht, dass du lazy bist. Das heisst nicht, dass du nichts erreichst.

Es heisst, dass du aufmerksam bist, und zugetan, dir selbst liebevoll zugewandt.

Vielleicht ist dein Bauch dann kein Waschbrett. Das wird er niemals sein, weil du gelebt hast und weiterlebst, bis dieser Körper stirbt. So wie alle Körper sterben; die grossen, dünnen, dicken, weichen und auch die kantig-trainierten.

Wichtig ist, dass du gelebt hast, so wie sich das Leben zeigen wollte, Moment für Moment, manchmal aktiv und dann wieder passiv-sanft. Empfangend. Weiblich-rund.

Ja, ich vermisse das Weibliche, in dieser männlich dominierten Welt hier in Indien (und wohl überall auf dieser Erde). Ich vermisse das Sanfte, das Verstehende, das Offen-Warme, das Langsam-Weiche. Ich vermisse es im Yoga, in den Männern und in mir selbst.

Und ich weiss, alles was ich tun kann, ist mir selbst zu sagen: „Push less“, leg dich hin und atme. Es ist genug (gut), so wie es ist. Das Leben und du selbst.

(Yoga mit Lia voraussichtlich wieder im Herbst 2018 😉)

 

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Text: Vashisht, Indien / Juli 2018
Bild: Schweiz / 2017

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